Geschichte der Gemeinde Müllerdorf

(aktualisiert von Martin Feudel, 2020)

8./9. Jahrhundert

Im Rahmen des Landesausbaus des Frankenreiches entstehen Siedlungen mit dem Grundwort …… dorf (auch dorp, dorph oder dorpf). Müllerdorf gehört wie Flatersleben, Zappendorf und  Benkendorf zum Burgbezirk Salzmünde.

979

Müllerdorf wird als Millerenthorp erstmals in der Gründungsurkunde des Klosters Memleben  an der Unstrut erwähnt. Es liegt im Hassegau (Hosgau) und gehört zur Grafschaft Wettin.

Zwischen 1100 und 1200

Entstehung der Müllerdorfer Kirche

Um 1250

Das Nonnenkloster Münzenberg bei Quedlinburg (Mons Soinis) hat in Müllerdorf reichen Besitz, den es 1292 an das St. Marienkloster zu Halle verkauft.

 1404

Schenkung des Lintholzes (Lindbusch), welches die Boltze zu Müllerdorf und die Boldewin von ihren Lehnsherren, die von Rebeningen (Röblingen) und die von Rammelburg erkauft hatten an das Pauliner-Kloster zu Halle für jährliche Seelenmessen, mit Zustimmung ihrer Lehnsherren (1403 Lyntberg, 1404 Lintberg, Lynteberch).

1442

Mansfelder Grafen erwerben vom Magdeburger Erzbischof die Herrschaft Friedeburg und Salzmünde, darunter auch Müllerdorf.

1483

In Müllerdorf brach ein schreckliches Feuer aus. 5 Höfe fielen in kurzer Zeit dem Feuer zum Opfer.

1501

Bei der Erbteilung der Grafschaft Mansfeld fällt Müllerdorf an den Grafen des Vorderorts.

1542

Am 22.7.1542 fegte ein schreckliches Unwetter mit Sturm und Hagel über Müllerdorf. Das Dach des Kirchturms wurde abgedeckt.

1553

Am 9.1.1553 tobt über Müllerdorf ein ungestümer Wind. Vom Dach des Pfarrhauses wurden 4 Sparren abgerissen.

1560

Ein großes Unwetter vernichtet am 16.6.1560 12 Scheunen und 3 Wohnhäuser.

Die Mühle von Müllerdorf wird erstmals in Archivunterlagen erwähnt.

1561

Am 7.7.1561 wurde die Magd hingerichtet, welche am 27.6.1561 ihr eigenes Kind, welches sie laut Chronik in Hurerei gezeugt hatte, mit einem Messer erstochen und anschließend hinter dem Haus ihres Herren in eine Schlucht gelegt und mit Erde bedeckt hat. Sie wurde in einen Sack gesteckt und ersäuft.

Nach der Chronik ist am 20.11.1562 eine Feuersbrunst über die Gemeinde Müllerdorf gefegt, welche um die Mittagszeit angefangen und 9 Wohnhäuser, 10 Ställe und 10 Scheunen mit viel Getreide vernichtet haben soll. Der Sage nach soll einige Tage zuvor ein Weib, die alte Krawelin, Malz gedörrt und ein großes Feuer gemacht haben. Der Knecht verstand die Gefahr, dass das Haus entzündet würde und löschte das Feuer aus. Doch das Weib soll gesagt haben: „Lass es brennen in aller Teufel Namen!“. Auf dieses schreckliche Wort soll der große Schaden entstanden sein.

1562

Am 4.12.1562 um 4 Uhr am Morgen sind 12 Personen aus Müllerdorf mit dem Pfarrherren nach Halle gegangen und sind bei finsterem Wetter und Schnee auf halben Wege überfallen worden.

1565

In diesem Jahr hat die Pest abermals so stark grassiert, dass auch deswegen das Konsistorium in Eisleben eingestellt wurde und die Gemeinden Dederstedt, Hedersleben, Beesenstedt, Gerbstedt, Teutschenthal, Müllerdorf und Leimbach fast ganz ausgestorben.

1567

Bei einem großen Unwetter am 3.7.1567 über Müllerdorf wurden mehr als 1/2 Schock (30 Stück) Schafe auf dem Feld erschlagen.

1611

Der Kirchturm der Kirche wurde repariert und erhöht.

1626

In der Grafschaft grassierte die Pest abermals entsetzlich.

1630

In diesem Jahr gab es so viel Wein, dass nicht genug Gefäße vorhanden waren. Danach kostete das Maß des besten Weines 5 Pfennige.

1633

Die Kirche wird durch das räuberische Kriegsvolk schwer beschädigt.

1648

Erbauung der Kanzel der Müllerdorfer Kirche.

1651

Die Kanzel der Kirche wird mit den Bildnissen der vier Evangelisten bemalt.

1652

Mit einem Vertrag vom 12.02.1652 verkauft Georg Händel, der Vater des berühmten Komponisten Georg Friedrich Händel, einen ererbten Weinberg bei Müllerdorf in Polingen an Einwohner von Benkendorf.

1683

Guss der kleinen Glocke der Kirche. Sie trägt die Inschrift: Verbum domoni in aeternum, Komt herz last uns dem Herrn frohlocken PS. 95 aus dem Feur Flos ich, Johann Koch aus Zerbst gos mich, S. Mathias Homberg M. Pastor , Christof Kerrnes K.V. Simon Hammer, Andreas Fuchs, Christof Schaaf, Christian Keltsch S.M.siehe(Bild eines Engels) M. Auf dem Glockenstuhle steht, auf Balken und Pfosten verteilt das Jahr des Gusses ANNO 1683.

1687

Der Altarraum der Kirche wird nach Osten hin erweitert.

1688/89

Die Kirche erhält ein neues Dach, einen neuen Altar und eine neue Orgel.

1699

Silberner Kelch aus Müllerdorfer Kirche geraubt. An dessen Stelle werden zwei neue angeschafft, von welchen der eine 28 Lot 1 3/16 Quentchen, der andere 24 Lot und ein Quentchen wog, das Lot zu 18 g.

1708

Bei einem großen Feuer in Müllerdorf brannten 10 Bauernhöfe und die Schule ab.

1714

Turmdach der Kirche erneuert. Im Kopf des Turmes verschiedene Münzen sowie zwei Urkunden in deutscher und lateinischer Sprache gefunden, welche mit einer Abschrift des damaligen Pfarrherren Johann Heinrich Heefenhausen wieder in den Kopf des Turmes gelegt worden sind.

1716

Am 23.11.1716 bitten der Müller von Salzmünde und der Müller von Müllerdorf um die Erlaubnis, den in ihren Mühlen hergestellten Branntwein zum Verkauf anzubieten. Sie versprechen dafür Geld abzuführen. Am 27.11.1716 bleibt es bei dem Verbot, dem Branntweinbrennen gänzlich zu enthalten.

1743

Am 28.03.1743 vererbt eine Frau aus Halle einen Weinberg samt Früchten der Kirche zu Müllerdorf.

1774

Die Kirche zu Müllerdorf erhält eine neue Orgel. Unter dem Datum 17. Mai dieses Jahres steht in der Kirchenchronik, dass ein Bauer namens Gottfried Boltze in Zappendorf mit dem Orgelbauer in Halle verabredet, dass dieser nach vorgelegtem Vorkostenanschlag auf Boltzens Kosten ein Orgelwerk in hiesiger Kirche erbauen soll.

Mit dem Tod des letzten erbberechtigten Mansfelder Grafen fallen 2 Fünftel der Grafschaft, darunter Müllerdorf, an den Lehnsgeber Königreich Preußen zurück, das innerhalb des Herzogtums Magdeburg den Mansfelder Kreis bildet.

Da Schulmeister Johann Andreas Hoffgarten verstorben, ist der Schuldienst vakant (un- besetzt). Sold beträgt ca. 60 Taler im Jahr, welche mühsam in den Dörfern eingesammelt werden. Schuldienst ist mühsam und beschwerlich. Auch an Sonntagen und Festtagen ist in der Filialkirche zu Benkendorf der Gottesdienst beizuwohnen, jeden Mittwoch nach Ben- kendorf Betstunde und beim Beichten zugegen sein. Besoldung sei der Arbeit nicht ange- messen.

1782

Befreiung vom Naturaldienst: Anspänner mit 2 Pferden werden befreit: 2 Tage zur Frühjahrsbestellung, 2 Tage zur Herbstbestellung, 1 Tag zur Ernte (Getreideeinfahren).

1786

Der Steinmetz Otto aus Köllme hat ohne angebliche Erlaubnis in der Müllerdorfer Schlucht, welche die Grenze zwischen dem Vorwerke Langenbogen und dem Dorfe Müllerdorf ist, Steine gebrochen. Er hat einen großen Schaden zugefügt, da der Schutt von den gebrochenen Steinen bei entstehenden Wasserfluten alles in die ehemaligen Teiche, sowohl in den alten Graben als auch auf die Wiese geführt wird. Bitte um Bestrafung von diesem Bürger. Am 30.7.1786 Johann Christoph Otto will nicht auf sich ruhen lassen, Steine widerrechtlich gebrochen zu haben, sondern dass es Tagelohn für geleistete Arbeit für den Anspänner Boltze aus Müllerdorf sei und dieser ihn daselbst angewiesen hat. Zuvor hat er mit seinem Gesinde den Abraum weggebracht. Verschiedene Einwohner von Müllerdorf hätten seit Jahren an diesen Orten Steine gebrochen. Er bittet um eine Untersuchung der Sache.

1797

Die große Glocke der Müllerdorfer Kirche von Gottlieb Becker in Halle gegossen.

1807

Nach dem Sieg Napoleons über Preußen wird das Königreich Westphalen gegründet. Müllerdorf gehört zum Kanton Fienstedt innerhalb des Departements Saale.

1815

Müllerdorf gehört nach dem Sieg über Napoleon zur preußischen Provinz Sachsen und zum Mansfelder Seekreis mit Sitz der Kreisverwaltung in Eisleben.

1816

Auf Wunsch der Einwohner der Gemeinden Müllerdorf, Zappendorf, Salzmünde und Benkendorf wird ein gemeinsamer Spritzenverband gebildet. Der Schulze Wolff und der Anspänner Knaul werden ermächtigt die Anfertigung einer Feuerspritze beim Glockengießer in Halle in Auftrag zu geben.

1817

In diesem Jahr baute man gemeinsam in Benkendorf das Spritzenhaus. Dort stand auch die gemeinsame Feuerspritze.

1826

Vertrag zwischen Stüler zu Halle und dem Kirchenrendenten Tarlatt zu Müllerdorf. Tarlatt übernimmt im Namen der Eingepfarrten die an der Schullehrerwohnung zu Müllerdorf notwendigen Reparaturen. Kostenvoranschlag 135 Taler 3Pfennige.

Am 17.11.1826 ist die Reparatur am Schulgehöft vollendet.

1834

31.8.1834 Reparatur am Kirchturm ist beendet.

1834

Müllerdorf hat 245 Einwohner, Zappendorf 214 Einwohner. Darunter befanden sich        45 Knaben und 38 Mädchen, welche gemeinschaftlich in zwei Abteilungen die Schule in Müllerdorf besuchten.

1849

Am 23.01.1849 wurde die erste Schule in Müllerdorf für 2.388 Taler fertiggestellt und eingeweiht.

1861

Am 8.3.1861 wird ein gewisser Ulrich wegen Beleidigung eines öffentlichen Beamten im Dienst für schuldig befunden und erhält eine Woche Gefängnisstrafe.

1862

Der Kossath Gottlob Ulrich aus Müllerdorf wird wegen schweren Diebstahls im Wiederholungsfalle zu einer dreijährigen Zuchthausstrafe verurteilt.

1871

Müllerdorf hat 341 Einwohner und 33 Pferde.

1878

Am 10. Juli feierte der Lehrer Thielemann sein Fünfzigjähriges Dienstjubiläum beim Gastwirt Weber in Müllerdorf, nachdem er 32 Jahre in den Gemeinden Müllerdorf und Zappendorf gewirkt hatte.

1882

Zahl der Häuser 55 mit 373 Einwohnern. Viehbestand: 39 Pferde, 137 Rinder, 131 Schafe, 180 Schweine, 96 Ziegen, 81 Bienenstöcke.

1875

Die jährliche Gewerbesteuer beträgt 87,00 Mark. Gewerbliche Bauten 1 Wassermühle.

1896

Durch Blitzeinschlag und Brand wird die Müllerdorfer Kirche schwer beschädigt.

1897

Begin des Wiederaufbaus der Kirche und Richtfest am 10.11.1897.

Für Nachtwächter- und Gemeindedienst werden 127 Mark im Monat gezahlt, für Gemeindearbeiten pro Tag 1,50 Mark.

1898

Einweihung der neuerbauten Kirche am 2.12.1898.

1904   

Müllerdorf tritt der ländlichen Spar- und Darlehnskasse bei.

1906

Erhöhung des Entgelts für den Nachtwächter auf 150 Mark und auf 21 Mark für Gemeindedienst.

1907

Aus kirchlichen Unterlagen geht hervor, dass in Müllerdorf 457 Einwohner evangelischen und 20 Einwohner katholischen Glaubens hat.

Bei Bohrversuchen der Gewerkschaft Salzmünde kommt der Klempnermeister Wilhelm Weiss aus Müllerdorf ums Leben.

1910

Einweihung der 3. Schule in Müllerdorf.

1914

Nach Ausbruch des ersten Weltkrieges kommen am 2.August 4.30 Uhr immer neue Trupps aus Wils, Fienstedt, Krimpe und Schochwitz durch Müllerdorf, die sich im Zuge der Mobilisierung in Bennstedt stellen müssen.

Die Militärbehörden kaufen Pferde zu einem für die Bauern angenehmen Preis von 1.800 bis 2.000 Mark.

1916

Erstmalige Einführung von Sommerzeit.

1917

Die die große Mittelglocke wird für den Krieg geopfert.

1914/18

Der I. Weltkrieg forderte von Müllerdorf 16 Opfer. Für die gefallenen Soldaten wird später ein Denkmal errichtet.

1921

Beschluss der Gemeinde, dass die Kiesgrube auf der Lawitschke  verbleibt und eine neue             Lichtanlage Post und zur neuen Schule angebracht wird:

1922

Auf Antrag von Lehrer Möbius bewilligt die Gemeinde 300 Marfür die Errichtung der Volksbücherei.

Gemeindevorsteher ist Herr Rose, Gemeindevertreter die Herren Hecklau, Höhne, Behsler,    Koch, Mittelbach und Schumann.

1923

Infolge der Inflation wird das Gehalt des Gemeindevorstehers auf  eine Million Mark, das des Steuererhebers auf ½ Million Mark festgelegt.

1924

Der Hauptlehrer Müller tritt nach 21 Jahren Schuldienst in Müllerdorf in den Ruhestand. Er führte ab 1914 die Schulchronik ein, die teilweise auch über die Entwicklung des Dorfes berichtet.

1925

Eintragung des Turnvereins „Vorwärts“ ins Vereinsregister in Wettin.

1927

Baubeginn des neuen Friedhofs. Dazu benötigt Gemeine einen Kredit von 7.000 Mark.

1928 

Der strenge Winter 1928/29 mit Kältegraden bis – 28° zwingt zur teilweisen Unterbrechung des Unterrichts in der Schule.

1929

Ab 1.10 fährt erstmals ein Postauto von Müllerdorf über Bennstedt und Salzmümde nach Halle.

1930

Zahl der Erwerbslosen ca. 30

1934

Der Turnverein „Vorwärts“ wird aufgelöst und das Vermögen zugunsten des Landes Preußen enteignet und beschlagnahmt.

Bau und Einweihung eines neuen Klassenraumes in der 3. Schule. Damit konnte nach 10 Jahren der Raummangel für die 252 Kinder im Schuljahr 1933/34 beseitigt werden.

1935

Nicht alle Kinder, die die Schule verließen, konnten eine Lehrstelle, manche auch keine Arbeitsstelle erhalten.

1941

Die Konsumgenossenschaft wird verboten.

1945

Anfang 1945 gibt es in Müllerdorf 17 Bauernwirtschaften, darunter 1 Großbauer. Insgesamt   hat das Dorf 370 Einwohner in 55 Hofstätten.

Müllerdorf wird im April von amerikanischen Truppen besetzt. Die Schule muss geräumt werden und wird von amerikanischen Soldaten belegt.

Nach Abzug der Amerikaner gehört Müllerdorf ab 1.7. zur sowjetischen Besatzungszone. Schulbeginn für die Grundschule erst wieder am 9. Juli, ab 1.10. Unterricht für alle Klassen.

Am 16. 10. wird der Gutsbesitzer Otto Fuchs enteignet, der Besitz 1946 auf 3 Neubauern

aufgeteilt.

1939/45

36 Männer aus Müllerdorf werden Opfer im II. Weltkrieg (Übersicht Helga Maenicke). Für sie gibt es bisher keine Gedenkstätte.

1946

Die in der Müllerdorfer Flur gelegenen Felder des Großgrundbesitzers Wentzel werden aufgeteilt.

1947

Wiederaufbau der Konsumgenossenschaft. Auch in Müllerdorf entsteht Verkaufsstelle für Lebensmittel.

1948        

Erstmalig nach dem Krieg veranstalten die Gemeinden Müllerdorf und Zappendorf ein mehrtägiges Volks- und Kinderfest. Im Schuljahr 1948/49 werden 357 Kinder von 7 Lehrern unterrichtet.

1950

Nach Gründung der DDR verliert Müllerdorf durch eine Kreis- und Gemeindegebietsreform  seine Selbständigkeit und wird gemeinsam mit Zappendorf und Köllme Bestandteil der neuen Gemeinde Zappendorf, die nun zum Saalkreis gehört.

 

 

 

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